Miteinander sprechen statt körperliche Gewalt, Geschlechtergleichheit statt Zwangsheirat
Kürzlich nahm Right To Play Schweiz den Besuch von Iqbal Jatoi, Länderverantwortlicher von Right To Play in Pakistan zum Anlass, geladenen Schweizer Gönnerinnen und Gönnern sowie Interessierten einen exklusiven Einblick in unsere Arbeit in Pakistan zu geben. So erfuhr das Publikum aus erster Hand, vor welchen Herausforderungen Pakistan nebst dem Terrorismus steht und dass die Stärkung Jugendlicher – insbesondere der Mädchen – für eine positive Entwicklung Pakistans ausschlaggebend ist.
Politische und soziale Spannungen, Naturkatastrophen, Armut – Pakistan wird in Europa häufig mit traurigen und negativen Ereignissen in Verbindung gebracht. Iqbal Jatoi, der seit bereits zehn Jahren als Länderverantwortlicher für Right To Plays Programme in Pakistan tätig ist, scheute an diesem Briefing mit 30 geladenen Gästen nicht, die Probleme seines Landes zu thematisieren. Analphabetismus, Benachteiligung von Frauen, Erdbeben, Dürre und Überschwemmungen, chronische Energieengpässe und eine Bevölkerung, von der knapp ein Drittel mit weniger als 1 US Dollar pro Tag auskommen muss, machen sichtbar, wie Terrorismus im südasiatischen Staat Wurzeln schlagen kann.
Der sich besonders im Bereich Bildung spezialisierte Pakistaner berichtete den Zuhörerinnen und Zuhörern, dass 24 Millionen Kinder nie die Schule besucht haben, die Regierungsausgaben für Bildung und Gesundheit erschreckend tief sind und 55 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner weder schreiben noch lesen können. Hauptsächlich Mädchen und junge Frauen werden noch immer ungleich behandelt und in ihren Rechten massiv verletzt. Der daraus resultierende begrenzte Glaube an sich und ihre Fähigkeiten wirkt äusserst entwicklungshemmend. «All diese Gegebenheiten machen Kinder und Jugendliche für Gewalt und Militanz extrem empfänglich», erklärte Iqbal. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und soziale Veränderung herbeizuführen, implementiert Right To Play seit bald zehn Jahren Spiel- und Sportprogramme für Kinder und Jugendliche in und ausserhalb der Schule. «Der jungen Generation Zukunftsperspektiven zu schaffen ist enorm wichtig. Besonders am Herzen liegt mir dabei, die Gleichberechtigung voranzutreiben», betonte Iqbal mehrmals.
Mit regulären Spiel- und Sportaktivitäten, durchgeführt von ausgebildeten lokalen Coaches und Lehrkräften, fokussieren sich Right To Plays Projekte in den 19 Distrikten Pakistans auf folgende Bereiche: Bildung und Förderung von grundlegenden sozialen Fähigkeiten, Leadership-Programme für Jugendliche, Geschlechtergleichheit sowie friedliche Gemeinschaften und sozialer Zusammenhalt. Dabei erreichen die wöchentlich zweimal stattfindenden Aktivitäten über 160'000 Kinder.
Besonderen Fokus legen die Projekte auf ein verbessertes und attraktiveres Lernumfeld an Schulen sowie auf die Qualität der Bildung: Die Lehrpersonen lernen, den Unterrichtsstoff erlebbar zu machen und die Kinder ins Zentrum der Lektionen zu stellen. In Spielen nehmen Kinder Neues besser auf, arbeiten zusammen und haben Spass. «Die Beziehung der Lehrkräfte zu den Schülerinnen und Schülern verändert sich positiv und die körperliche Züchtigung fällt weg. So kommen die Kinder gerne zur Schule und beteiligen sich aktiv am Unterricht,» beschreibte Iqbal die gesteigerte Schulbesuchsrate und Bildungsqualität.
Auch zählen die Programme in Pakistan bereits über 3'500 aktive Junior Leader: «Die Junior Leader – mehr als die Hälfte davon Mädchen – sind ein wichtiger Bestandteil für die Nachhaltigkeit unserer Projekte, auf die ich unglaublich stolz bin und die wir auch mit weiteren Projekten fördern möchten», erklärte der diplomierte Sozialantrophologe dem Publikum. Junior Leader führen teils eigenständig Right To Play-Aktivitäten für ihre Kameradinnen und Kameraden durch und agieren dadurch als Rollenmodelle. Sie stärken insbesondere Mädchen in ihrem Selbstbewusstsein und darin, für ihre Rechte einzustehen. Alles Voraussetzungen, die für eine positive Entwicklung Pakistans entscheidend sind. Speziell eine Begegnung berührte Iqbal sehr, die er mit den Gästen teilte: «Benazir, eine Jugendliche in unseren Programmen in Karachi, erzählte mir, dass sie – trotz ihres guten Schulabschlusses – von ihrer Schüchternheit umhüllt in der Öffentlichkeit jeweils ständig zu Boden blickte und sich irgendwie nackt fühlte. Durch ihr Engagement und ihre Erfahrung als Junior Leader veränderte sich ihr Selbstwertgefühl jedoch mit der Zeit. Sie erlangte neues Selbstbewusstsein, Mut und Zuversicht, um ihre Rechte wahrzunehmen und ermuntert heute andere Mädchen dazu, es ihr gleichzutun.»
Right To Play Pakistan verbindet seit Beginn eine enge Zusammenarbeit mit Right To Play Schweiz und insbesondere mit Schweizer Gönnerinnen und Gönnern. Die Realisierung der Projekte in Pakistan ist massgeblich den treuen und wertvollen Unterstützern zu verdanken. So betonte Iqbal Jatoi mehrfach: «Unsere Wertschätzung gegenüber den Schweizer Unterstützerinnen und Unterstützern ist unglaublich hoch und es ist mir eine besondere Ehre, mich persönlich und von ganzem Herzen für Ihren langjährigen Support zu bedanken.»
Ein spezieller Dank geht an Lombard Odier & Co AG, Gastgeber dieses Abends und langjähriger Partner von Right To Play.